Zeitgenössische prosa und lyrik aus Aserbaidschan
Zeitgenössische prosa und lyrik aus Aserbaidschan
Es gibt nur wenig aserbaidschanische Literatur in deutscher Übersetzung. Literarische Grössen der Sowjetzeit wie Anar (‹Der sechste Stock des fünfstöckigen Hauses›) und Elchin (‹Das weisse Kamel›) sind zwar übersetzt worden, werden aber heute nicht mehr aufgelegt. Der einzige Aserbaidschaner, der nach dem Systemwechsel eine erneute literarische Würdigung erfahren hat, ist der Bakuer Jude Lev Nussimbaum, der in den 1920er-Jahren auf der Flucht vor den Bolschewiken zum Islam konvertierte und unter dem Namen Essad Bey im Berlin der 20er- und 30er-Jahre seine Autorenkarriere begann. Unter dem Pseudonym Kurban Said verfasste er seinen Roman ‹Ali und Nino›, eine Liebesgeschichte zwischen einer Georgierin und einem Aserbaidschaner in der Zeit zwischen den Revolutionen von 1905 und 1917. Dies ist wohl das einzige moderne literarische Werk, welches auch ausserhalb der Grenzen Aserbaidschans Berühmtheit erlangte. Nun tritt eine neue Generation Schriftsteller auf den Plan. Dichterinnen wie Günel Mövlud, Cavidan und Sevinc Pervana setzen sich mit der Liebe und den Zwängen des Patriarchats auseinander und lyrisch leichtfüssig darüber hinweg. Seymur Baycan zeichnet ein satirisches Bild der aserbaidschanischen Gesellschaft. Ali Akbar geht in seinen Kurzgeschichten noch drastischer, provokanter vor, um den Finger direkt in die Wunden der postsowjetischen Gesellschaft zu legen.